nicht-invasive pränatale Tests

Bluttests zur Suche nach Chromosomenanomalien

 

Seit Sommer 2012 gibt es Tests (z. B. den PraenaTest der Firma Lifecodexx), mit denen schwangere Frauen ab der 10. Schwangerschaftswoche durch Abgabe einer einfachen Blutprobe feststellen lassen können, ob ihr noch ungeborenes Kind eine Chromosomenanomalie, d.h. statt der üblichen 23 Chromosomenpaare ein zusätzliches Chromosom einer bestimmten Sorte hat. Die bekannteste Chromosomenanomalie ist die Trisomie 21 (besser bekannt als DOWN SYNDROM), aber auch die Trisomie 18 bzw. die Trisomie 13 kommen relativ häufig vor.
Nach einem auffälligen Befund ist mit diesen Tests ein Schwangerschaftsabbruch noch innerhalb der 12-Wochen-Frist möglich, für den zwar der Nachweis einer Beratung, nicht aber eine besondere Indikation, d. h. ein besonderer Grund, erforderlich ist.

Vor 2012 war ein Test auf Chromosomenanomalien zwar auch schon möglich, jedoch war hierfür eine Fruchtwasserentnahme notwendig, die erst zu einem späteren Zeitpunkt der Schwangerschaft möglich ist, und ein relativ hohes Risiko für eine Fehlgeburt in sich birgt.

Über 90 % der Frauen, die vor der Geburt wissen, dass ihr Kind das Down Syndrom hat, lassen eine Abtreibung durchführen.

Bis jetzt müssen die “neuen“ Bluttests, die mehrere hundert Euro kosten, aus eigener Tasche bezahlt werden. Nun wird darüber diskutiert, ob die Kosten für diese Bluttests von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden sollen. Damit hätte jede schwangere Frau die Möglichkeit, einen solchen Test durchführen zu lassen.

Über die Zulassung neuer Behandlungsverfahren und neuer Medikamente und darüber, welche davon von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA). Ausschlaggebend hierfür ist der „therapeutische Nutzen“.
Bei den obengenannten Bluttests gibt es aber keinen therapeutischen Nutzen, da eine Chromosomenanomalie nicht behandelt werden kann. Es ist deshalb eine politische Entscheidung, ob die Kosten für diese Bluttests zukünftig von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden sollen oder nicht.

Aus diesem Grund fand am Donnerstag, den 11. April 2019, im Deutschen Bundestag eine so genannte Orientierungsdebatte zu diesem Thema statt.
Befürworter einer Kostenübernahme argumentierten, dass auch die Kosten für die risikobehaftete Fruchtwasseruntersuchung von der Krankenkasse übernommen werden und die Verweigerung einer Kostenübernahme für die risikolosen Bluttests eine soziale Diskriminierung darstellt.
Gegner einer Kostenübernahme argumentierten mit der Gefahr des Einstiegs in ein Screening auf Down-Syndrom: Alle vorgeburtlichen Tests, deren Anwendung ursprünglich auf eine bestimmte Gruppe von Schwangeren, meist auf so genannte Risiko-Schwangere begrenzt war, werden mittlerweile von allen Schwangeren in Anspruch genommen. (Derzeit werden in Deutschland über 60 % aller Schwangerschaften zu Risiko-Schwangerschaften erklärt.)

Im Vorfeld zu dieser Bundestagsdebatte fand am Mittwoch, den 10. April eine farbenfrohe Demonstration vom Bundesgesundheitsministerium zum Brandenburger Tor statt, an der sich 200 bis 300 Menschen unter dem Motto „Inklusion statt Selektion“ beteiligten.
Reden hielten unter anderem die Vorsitzende von downsyndromberlin e. V., die Initiatorin der unten genannten Petition gegen die Kassenzulassung der Bluttests Natalie Dedreaux, und die Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/DIE GRÜNEN Corinna Rüffer.

Demnächst wird der G-BA über die Kassenzulassung der Bluttests enttscheiden.

 

Nähere Informationen:

– Petition gegen den Bluttest auf Down Syndrom als Kassenleistung:
https://www.change.org/p/kassen%C3%A4rztliche-vereinigung-%C3%A4rztekammer-gba-der-deutsche-bundestag-ich-will-nicht-abgetrieben-werden-sondern-auf-der-welt-bleiben?signed=true&expired_session=true

– Warum wir uns gegen eine Kassenzulassung des nichtinvasiven Pränataltests auf Trisomie 21 und weitere Trisomien aussprechen (Argumentationspapier gegen NIPT als Kassenleistung):
http://www.bioskop-forum.de/media/2019-04-10_argumentationspapier-gegen-nipt-als-kassenleistung.pdf

– Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung (TA) – Aktueller Stand und Entwicklungen der Pränataldiagnostik
http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/090/1909059.pdf

– Video der Orientierungsdebatte im Bundestag am 11. April 2019:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw15-de-genetische-bluttests-633704

 

Medienberichte: